Verband elektronische Rechnung Der Expertenverband der deutschen E-Invoicing Branche

Zentralregulierung für Verbundgruppen – ein Modell für die Zukunft?

Der Strukturwandel im deutschen Einzelhandel ist nicht neu und stellt entsprechend kein neues Phänomen dar. Das Konsumentenverhalten und die technologischen Entwicklungen führen zu einer immer größer werdenden Veränderung im Marktverhalten aller Beteiligten. Neue Geschäftsfelder können Chancen bieten und Marktanteilsverschiebung in den Handelsformen sind die Folge.

Das zeigt sich exemplarisch an der gesellschaftlichen Entwicklung und den technischen Möglichkeiten. Auch im Mittelstand hat sich die digitale Transformation der Wirtschaft mittlerweile ausgebreitet. Völlig neue Geschäftsfelder werden erschlossen und bringen neue Potenziale mit sich.

Neben den rechtlichen Voraussetzungen und den Herausforderungen bezüglich der Anforderung an die digitale Welt, spielt die Geschwindigkeit der Entwicklung eine entscheidende Rolle. So ist es ratsam, sich vor Implementierung und Umsetzung der entsprechenden Ideen über alle rechtlichen Gegebenheiten, die dieses Thema mit sich bringen, zu informieren und entsprechend abzusichern.

Wie sich die Verbundgruppen mit Zentralregulierung der Marktentwicklung stellen können

Rund 400 Einkaufs- und Marketing-Kooperationen von mittelständischen Fachhändlern und Handwerkern gibt es in Deutschland. Doch nicht alle Verbundzentralen bieten Ihren Mitgliedern einheitliche Unterstützungen an.

Betriebswirtschaftliche Teilaufgaben wie etwa Marketingmaßnahmen und Vermarktung eigener Handelsmarken oder Sonderpreisaktionen und Festlegung von Absatzgebieten gehören meist ebenso zur Tätigkeit einer Verbundgruppe, wie die gegenseitige Garantievergabe durch Delkredere und Zentralregulierung (beides häufig auch durch externe Dienstleister). Der Dienstleistungsumfang der jeweiligen Verbundgruppen ist je nach Struktur der Mitglieder unterschiedlich gewichtet und breit in den Funktionen.

Wie schafft man es nun, die Zukunftsfähigkeit der Verbundgruppen zu sichern und darüber hinaus noch gegenüber Konzernen und Großindustrie zu punkten?

Ein wesentlicher Aspekt bei der Zukunftsfähigkeit der Verbundgruppen ist die Suche nach Synergien in den Prozessen. Ein Baustein kann daher sein, sich durch sinnvolle Kooperation mit externen Partnern einen Freiraum für die wesentlichen Inhalte der eigentlichen Tätigkeit zu verschaffen.

Es gibt zudem viele naheliegende Argumente für eine Kooperation, beispielsweise:

  • Gruppendynamik hat positive Auswirkungen auf Kosten
  • Gruppendynamik hat positive Auswirkungen auf Technologie und Know-how
  • Freiräume für wesentliche Kernaufgaben werden geschaffen
  • Schaffung von Flexibilität
  • Kapazitätsengpässe können durch Partner aufgefangen werden
  • Risiken werden reduziert und geteilt
  • Neue Marktsegmente und Märkte werden interessant
  • Schutz vor Übernahmen
  • Ausnutzung von Synergieeffekten

 

Das Modell der Zentralregulierung

Die Zentralregulierung übernimmt die Funktionen des Abrechnungssystems. Allgemein spricht man von der Organisation und Steuerung der Zahlströme zwischen den – in der jeweiligen Verbundgruppe vertraglich gelisteten – Lieferanten und den Mitgliedern der Verbundgruppen bzw. Einkaufsorganisationen. Immer mehr wird erkannt, dass die kaufmännischen Prozesse ein enormes Optimierungspotenzial mit sich bringen.

Der Ablauf im Überblick

Der im Rahmen der Verbundgruppe unter Vertrag stehende Vertragslieferant sendet die bestellte Ware auf direktem Wege an das Mitglied. Die Zahlung erfolgt jedoch zu festgelegten Zahlterminen für die gesamte Forderung. Und das zu vorab fest definierten, zwischen dem Vertragslieferanten und dem jeweiligen Verband abgestimmten Vertragsinhalten und unter Berücksichtigung der vereinbarten Konditionen (Rabatt, Skonto, etc.). Parallel wird durch die Zentralregulierung das Konto des Mitglieds belastet.

Mitglieder profitieren von Prozessvereinfachung

Für das Mitglied ergibt sich dadurch eine enorme Vereinfachung seiner internen Prozesse: Der Verband kümmert sich um die fristgerechte Bezahlung der Waren (keine Skontoverluste mehr) und überwacht die mit dem Lieferanten vertraglich vereinbarten Zahlungskonditionen. Auch kann der Verband das Kreditorenmanagement übernehmen.

Das Mitglied wird also von wenig wertschöpfenden administrativen Tätigkeiten entbunden und kann sich auf sein Kerngeschäft fokussieren, bekommt also Freiraum für das Wesentliche.

Digitalisierung bietet weitere Vorteile

Eine moderne Zentralregulierung bietet allerdings noch viel mehr. Im Zuge der Digitalisierung der Arbeitswelt sind auch in der Zentralregulierung neue Konzepte gefragt. So ist es mittlerweile üblich, dass das Mitglied in die Lage versetzt wird, elektronische Belege zu empfangen. Die Vorzüge des Verbands liegen dabei klar auf der Hand: Denn durch eine Vereinheitlichung der Schnittstellen sinkt nicht nur der Implementierungs- und Wartungsaufwand für jedes einzelne Mitglied. Auch für die Lieferanten wird es durch einheitliche Formate und Übertragungswege einfacher.

Mit zunehmender Verbreitung des Cloudcomputing geht der Trend zudem auch in der modernen Zentralregulierung dahin, den Mitgliedern alle relevanten Belege, Informationen und Auswertungen online zur Verfügung zu stellen. Der große Vorteil: So sind für jedes einzelne Mitglied unabhängig von Zeit und Ort alle wichtigen Informationen für das eigene Geschäft jederzeit zugänglich. Auch über mobile Endgeräte.

Trend geht zu standardisierten Servicepaketen

Tatsächlich ist zu beobachten, dass der Bedarf und die Anforderungen an die Zentralregulierung immer detaillierter werden. Ziel eines jeden Verbandes ist es, für jedes einzelne Mitglied teils verbandsindividuelle Servicepakete bereitzustellen, um die Mitglieder „fit“ für die Zukunft zu machen. Ein steuerrechtlich einwandfreies Online-Archiv oder eine einheitliche Spezial-Software zur Verbuchung der Belege und zum Abbilden von Workflows bilden hier erst den Anfang.

Idealerweise wird diese Umstellung von vielen Mitgliedern dazu genutzt, die eigenen Prozesse auf den Prüfstand zu stellen und kritisch zu hinterfragen. Um die verbliebenen Tätigkeiten so standardisiert und automatisiert wie möglich abzubilden, werden deshalb auch immer mehr Optimierungsdienstleistungen angefragt.

Hierbei können externe Partner mit entsprechenden Erfahrungen von immensem Vorteil sein. Ein Umstand, der nicht nur zum Austausch von Best Practice-Ansätzen und vermehrtem Wissenstransfer zwischen den Mitgliedern der Verbundgruppen führen kann. Für jedes Mitglied können sich daraus auch überaus wertvolle Skalenvorteile ergeben.

Prozessoptimierung durch interne und externe Spezialisten

Die Prozessberatung sollte dabei vornehmlich die Financial Supply Chain fokussieren. Unsere Erfahrung zeigt, dass die Bereiche Produktion, Logistik und Vertrieb häufig bereits hervorragend aufgestellt sind. Der gesamte kaufmännische Prozess ist beim Großteil der Unternehmen dagegen bisher eher zurückhaltend optimiert worden. Schließlich wird hier mit dem Wichtigsten, nämlich der Liquidität, gearbeitet.

Doch gerade in diesem Bereich warten große Effizienzen darauf, gehoben zu werden: Einer Studie des Branchenverbands Bitkom zufolge kostet die durchschnittliche Eingangsrechnung – je nach Automatisierungsgrad des Unternehmens – nicht selten bis zu 30 Euro in der Verarbeitung. Auch Ausgangsrechnungen schlagen mit Kostensätzen von bis zu 15 Euro zu Buche.

Gerade hier besteht daher nicht nur eine sehr große Chance, sondern auch erheblicher Beratungsbedarf – gegebenenfalls durch externe Wissensträger und Experten. Denn durch die (digitale) Optimierung dieser Abläufe lassen sich die Kosten auf 1/5 reduzieren. Wichtig ist dabei jedoch, den Prozess „Ende zu Ende“ zu betrachten. Denn sonst kommt es schnell zu Insellösungen und unterschiedlichen Herangehensweisen.

End-to-End-Optimierung als Ziel

Eine einseitig auf die Prozesse des Mitglieds gerichtete Betrachtung allein ist jedoch nicht zweckdienlich. Führende Verbände richten ihren Blick daher zunehmend auch auf die Seite der Lieferanten.

Aus gutem Grund: Über automatisierte Prozesse und die Digitalisierung der Eingangsbelege lassen sich auch hier Einsparungen und Effizienzgewinne heben. Und das in einer klassischen Win-Win Situation, da sowohl dem Lieferanten, dem Verband als auch den Mitgliedern geholfen ist, wenn weniger Papier kursiert.

Der Lieferant spart Porto und Handlingkosten und weiß die taggleiche Verarbeitung seiner Belege gesichert. Ebenso kann er sein Forderungsmanagement wesentlich vereinfachen, da der Eingang seiner Rechnungsbelege in der Zentralregulierung aufgezeichnet wird und jederzeit nachvollziehbar ist. Aber auch das Mitglied und der Verband profitieren. So entfallen Kosten für physische Archive sowie damit verbundene Suchkosten und Handlingaufwände. Weiterhin lässt sich die eigene Liquidität wesentlich besser steuern, da die Daten eine höhere Aktualität besitzen, was wiederum das Kreditorenmanagement deutlich vereinfacht.

Externe Berater zuziehen kann sich lohnen

Wenn man sich selber unsicher ist, können auch hier externe Partner bei der Anbindung der Lieferanten in einem koordinierten und erprobten Verfahren helfen. Wichtig ist dabei die Systemoffenheit, da bei durchschnittlich über 250 Lieferanten die verwendeten Rechnungsformate und Transportkanäle stark variieren können.

Gute Dienstleister sind offen für die einzelnen Formate der Lieferanten und konvertieren diese in den vom Verband und den Mitgliedern benötigten Datensatz. Zudem sollte auch für Lieferanten, die sich keine teure IT-Infrastruktur leisten können, eine Lösung bereitgehalten werden. Schließlich wird sich schon mittelfristig kein Unternehmen mehr dem digitalen Belegaustausch entziehen können.

Alle beteiligten Unternehmen profitieren

Durch Zentralregulierung und eine angeschlossene Absicherung der Warengeschäfte erleichtern Verbundgruppen ihren Mitgliedern die benötigte Warenfinanzierung. Der Überprüfungsaufwand der jeweiligen Handelspartner wird sowohl auf Händlerseite als auch für den Lieferanten erheblich reduziert und (größtenteils) vollständig übernommen.

Durch das fachliche Know-how im Verbundgruppenumfeld und die Spezialisierung in den jeweiligen Branchen kennen die Verbundgruppenzentralen ihre Händler, Mitglieder und Lieferanten sowie deren Bedürfnisse im Detail. Nur so ist es möglich, entsprechende Abläufe zu überwachen und sowohl die Finanzierungsleistung als auch sämtliche administratorische Tätigkeiten rund um das Belegmanagement zentral zu steuern.

Die Übernahme der Zentralregulierung stellt somit einen wesentlichen Optimierungseffekt für Verbundgruppen dar und kann mitentscheidend dabei unterstützen, am Markt zu bestehen.

 


 Thomas Rohn, VeR-Experte für zentralregulierung und Zentralfakturierung

Thomas Rohn, VeR-Experte Zentralregulierung und Zentralfakturierung
Thomas Rohn ist Leiter des Bereiches Business Development für die SGH Service AG, einem Gründungsmitglied des VeR. Er hat die Bereiche Rechnungswesen und Controlling in all ihren Facetten kennengelernt und alle Positionen vom Sachbearbeiter bis hin zum Geschäftsführer durchlaufen. Seine langjährige Betreuung und Beratung verschiedener Verbände aus unterschiedlichsten Branchen machen ihn zum Kompetenzträger des VeR rund um das Thema Zentralregulierung und Zentralfakturierung. Dies beinhaltet Fragen rund um den Aufbau sowie die technische und praktische Abwicklung unterschiedlicher Zentralregulierungs- und Zentralfakturierungsprozesse. Thomas Rohn wirkt aktiv im deutschen „Der Mittelstandsverbund“ mit und ist im Feld der organisierten Verbände und Dienstleister exzellent vernetzt. Als VeR-Experte steht er interessierten Personen zu den Themen Zentralregulierung und Zentralfakturierung sowie den digitalen Dokumentenprozessen zu Gesprächen zur Verfügung.
 

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