Verband elektronische Rechnung Der Expertenverband der deutschen E-Invoicing Branche
Statement VeR: E-Mail reicht nicht

E-Mail-Postfach für E-Rechnungen: Nur eine vorläufige Lösung, keine nachhaltige Strategie

Berlin/München, im September 2024 – Teile der medialen Berichterstattung rund um eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 11.09.2024 haben den Eindruck erweckt, dass ein einfaches E-Mail-Postfach ausreichen würde, um sich als Unternehmen auf die Einführung der E-Rechnungspflicht für B2B-Geschäfte in Deutschland vorzubereiten. Diese Darstellung ist nach Einschätzung des Verbands elektronische Rechnung (VeR), dem Expertenverband der deutschen E-Invoicing-Branche, jedoch nur bedingt richtig.

Die stark verkürzte Aussage, dass ein E-Mail-Postfach ausreiche, greift aus unternehmerischer wie auch politischer Sicht nämlich deutlich zu kurz. Zwar erfüllt ein E-Mail-Postfach die Mindestanforderungen, um der gesetzlichen Pflicht ab 01.01.2025 nachzukommen. Das Potenzial und die (zukünftigen) Anforderungen der E-Rechnung gehen jedoch weit über das hinaus.

Warum das so ist, möchten wir als Expertenverband an dieser Stelle daher noch einmal in aller Deutlichkeit klarstellen.

E-Rechnungspflicht erst der Anfang, digitales Meldesystem zur Umsatzsteuer das eigentliche Ziel

Die Einführung der E-Rechnung ist nicht als isolierte Maßnahme zu verstehen. Sie soll den Grundstein für ein umfassendes digitales Meldesystem zur Umsatzsteuererhebung und -kontrolle legen, das in den kommenden Jahren aufgebaut werden soll. Langfristig müssen dann nicht nur elektronische Rechnungen zwischen Unternehmen ausgetauscht werden. Die in diesen Rechnungen enthaltenen steuerlich relevanten Daten sollen nach Willen der Bunderegierung und der EU bis zum Ende des Jahrzehnts dabei ebenfalls in Echtzeit an die Finanzverwaltung übermittelt werden.

Diese steuerlich relevanten Rechnungsdaten müssen präzise und sicher übermittelt und abgeglichen werden, um eine lückenlose Kontrolle zu gewährleisten. Ein E-Mail-Postfach kann diese Anforderungen nicht erfüllen!

Zudem erscheint die weitergedachte Vorstellung, dass die Finanzämter die entsprechenden Daten aus den B2B-Rechnungen per E-Mail – quasi „in CC“ – erhalten und verarbeiten sollen, extrem unrealistisch. Denn allein in Deutschland werden jährlich etwa fünf bis sechs Milliarden B2B-Rechnungen ausgetauscht. Würde man E-Mails zur Übermittlung steuerrelevanter Daten nutzen, müssten die Finanzbehörden somit weit über zehn Milliarden E-Mails (!) mit steuerrelevanten Rechnungsdaten pro Jahr verarbeiten. Schließlich müssten für den Abgleich der entsprechenden Steuerangaben sowohl Sender als auch Empfänger einer Rechnung die entsprechenden Steuerdaten an das Finanzamt melden – was weder effizient noch sicher oder praktikabel wäre.

Hinzu kommt, dass E-Mails anfällig für Betrug, Phishing und Manipulation sind. Die Sicherheit und Integrität der steuerrelevanten Daten wären nicht gewährleistet, was der zentralen Zielsetzung der E-Rechnung, nämlich der Verbesserung der Steuerkontrolle und -transparenz, zuwiderlaufen würde. Außerdem fehlt bei der Nutzung eines E-Mail-Postfachs in der Regel die nahtlose Integration in bestehende Buchhaltungs- und ERP-Systeme, was die automatische Verarbeitung und Archivierung der Rechnungen behindert und zusätzliche manuelle Schritte erfordert.

In der Sackgasse: Gesetzeskonforme Aufbewahrung mit E-Rechnungen per E-Mail

Ein weiterer wesentlicher Punkt, der gegen die favorisierte Nutzung eines E-Mail-Postfachs als nachhaltige Lösung spricht, sind die nach wie vorgeltenden Archivierungspflichten nach den Grundsätzen zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form (GoBD). Denn hiernach müssen elektronische Rechnungen im Originalformat und revisionssicher archiviert werden. E-Mails enthalten häufig jedoch nicht nur die Rechnung selbst, sondern auch weitere relevante Informationen, die dann ebenfalls gesetzeskonform aufbewahrt werden müssen. Das erhöht den Aufwand und die Fehleranfälligkeit erheblich, insbesondere da viele E-Mail-Systeme nicht über die notwendige technische Infrastruktur für eine GoBD-konforme Archivierung verfügen.

Der manuelle Transfer der Rechnungsdaten in ein separates Archivierungssystem widerspricht zudem dem Ideal einer lückenlosen, automatisierten Prozesskette und birgt erhebliche Risiken in Bezug auf Datenintegrität und Prüfsicherheit. Unternehmen, die auf E-Mail setzen, laufen somit Gefahr, den gesetzlichen Anforderungen an die Aufbewahrung ihrer Rechnungen nicht gerecht zu werden.

E-Mail als Übertragungskanal: Weder sicher noch praktisch!

Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein E-Mail-Postfach mag kurzfristig ausreichen, um die gesetzlichen Mindestanforderungen für den elektronischen Rechnungsempfang zu erfüllen. Entsprechende Maßnahmen für eine gesetzeskonforme Weiterverarbeitung und Archivierung der elektronischen Rechnung müssen dennoch zusätzlich umgesetzt werden. Somit stellt der Ansatz ”Ein E-Mail-Postfach reicht aus” weder aus unternehmerischer noch aus politischer Sicht eine tragfähige Lösung dar.

Als Expertenverband empfehlen wir daher: Unternehmen sollten sich auf automatisierte, sichere und integrierte E-Rechnungslösungen einstellen, die nicht nur den gesetzlichen Vorgaben entsprechen, sondern auch die zukünftigen Anforderungen der Steuerbehörden erfüllen. Wer jetzt auf E-Mail setzt, riskiert in naher Zukunft noch einmal aufwändige Umstellungen vornehmen zu müssen, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden.

Erneute Nicht-Einigung der EU über ViDA-Initiative

Die EU-Mitgliedstaaten haben es bei der neuerlichen Sitzung des Economic and Financial Affairs Council (ECOFIN) nicht geschafft, sich auf das Gesamtpaket der ViDA-Initiative („VAT in the Digital Age“) zu einigen. Das umfassende Reformpaket soll das Mehrwertsteuersystem der EU modernisieren und an das digitale Zeitalter anpassen. Für eine Verabschiedung wäre die einstimmige Unterstützung aller Mitgliedstaaten erforderlich gewesen.

Trotz Zustimmung zu den Säulen „E-Rechnung und Meldesystem“ sowie „Single VAT Registration“ blockierte Estland die Einigung aufgrund von Bedenken zur Plattform-Ökonomie, welche die dritte ViDA-Säule darstellt.

  1. E-Rechnung und Meldesystem: Ab Juli 2030 sollen digitale Berichterstattungsanforderungen für innergemeinschaftliche Transaktionen verpflichtend werden. Diese sollen dazu beitragen, den Mehrwertsteuerbetrug zu bekämpfen und die Effizienz des Steuersystems zu erhöhen. E-Rechnungen sollen für alle innergemeinschaftlichen B2B-Transaktionen vorgeschrieben werden, wobei die Mitgliedstaaten eigene Berichtsprotokolle entwickeln können.
  2. Plattform-Ökonomie: Plattformen für Reise- und Unterkunftsdienstleistungen sollen ab Juli 2027 als Mehrwertsteuerpflichtige für die von ihnen vermittelten Transaktionen gelten. Diese Regelung soll Doppelbesteuerung und Steuervermeidung verhindern​.
  3. Einheitliche Mehrwertsteuerregistrierung (Singe VAT Registration): Die Einführung der „One-Stop-Shop“ (OSS) Regelung soll erweitert werden, um die grenzüberschreitende Bewegung von Waren zu erleichtern und die Anzahl der erforderlichen ausländischen Mehrwertsteuerregistrierungen zu reduzieren. Dies soll ab Juli 2027 gelten​.

Gibt es Auswirkungen auf Deutschland?

In Deutschland wird die Einführung der verpflichtenden E-Rechnung hingegen unbeirrt fortgesetzt. Denn die mit dem Wachstumschancengesetz verabschiedete, stufenweise geplante E-Rechnungs-Pflicht für B2B-Geschäfte stützt sich nicht auf ViDA, sondern auf eine davon unabhängige EU-Ausnahmegenehmigung. Die könnte nicht mehr erforderlich sein, wenn ViDA in einer der nächsten Runden verabschiedet werden sollte. Andernfalls wird die Ausnahmegenehmigung wohl einfach verlängert werden.

Aktuell sieht der ViDA-Kompromissvorschlag eine europaweite Einführung digitaler Meldesysteme bis 2030 vor. Deutschland wäre gemäß seinem aktuellen Fahrplan also um bis zu zwei Jahre voraus, wobei die erste Stufe mit der Empfangsverpflichtung für eingehende E-Rechnungen bereits am 01.01.2025 zündet – und das komplette digitale Meldesystem bis 2028 stehen soll.

Die konkrete Ausgestaltung des digitalen Meldesystems für Steuerdaten in Deutschland wird derzeit federführend vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) erarbeitet, wobei der Verband elektronische Rechnung (VeR) die Expertise seiner Mitglieder im Umfeld E-Rechnungsplattformen aktiv einbringt.

Wie geht es mit ViDA weiter?

Die EU-Kommission bleibt ersten Berichten zufolge trotz der aktuellen Blockade optimistisch. Ungarn hat angekündigt, das Dossier während seiner in Kürze beginnenden Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2024 weiterzuführen. Ziel bleibe es, die Effizienz der Mehrwertsteuersysteme zu steigern und Betrug zu reduzieren​.

OG: VeR-Statement zu BMF-Vorschlag

VeR begrüßt Entwurf des BMF-Schreibens zur Einführung der verpflichtenden E-Rechnung 

Verband elektronische Rechnung (VeR) zeigt sich zufrieden mit BMF-Vorschlag  

Berlin/München, im Juni 2024 – Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat den Entwurf eines Schreibens veröffentlicht, das die Einführung der verpflichtenden E-Rechnung für B2B-Geschäfte in Deutschland regeln soll. Dieser Entwurf wurde ausgewählten Verbänden und Organisationen zur Stellungnahme bis 11.07.2024 übersandt. Als Expertenverband der deutschen E-Invoicing-Branche begrüßt der Verband elektronische Rechnung (VeR) die hierin enthaltenen Klarstellungen. 

Das BMF erläutert in seinem aktuellen Entwurf eines BMF-Schreibens die konkreten Regelungen zur E-Rechnung, die durch das Wachstumschancengesetz eingeführt werden sollen. So wird ab dem 1. Januar 2025 der Begriff der elektronischen Rechnung im Umsatzsteuergesetz (UStG) neu definiert und die formalen Anforderungen an elektronische Rechnungen spezifiziert 

BMF stellt klar: Nur das ist eine „echte“ E-Rechnung! 

Zukünftig müssen E-Rechnungen zwingend „in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen“ werden und eine „elektronische Verarbeitung“ ermöglichen. Der VeR begrüßt diese Klarstellung.  

Im nun veröffentlichten Entwurfstext wird außerdem deutlich, dass die deutsche Finanzverwaltung die maschinelle Lesbarkeit einer übermittelten XML-Datei als völlig ausreichend betrachtet; ein zusätzliches menschenlesbares Dokument ist nach dem Willen des BMF somit nicht erforderlich. Hybride Formate wie ZUGFeRD bleiben dennoch zulässig, wobei der maschinenlesbare Teil Vorrang erhält. 

So werden in dem nun vorliegenden Schreiben sowohl die nationalen Formate XRechnung und ZUGFeRD als auch weitere europäische Formate wie FatturaPA und Factur-X als Beispiele genannt, die den neuen umsatzsteuerlichen Anforderungen entsprechen. Die Möglichkeit, branchenspezifische Erweiterungen („Extensions“) zu nutzen, um die E-Rechnung den jeweiligen Anforderungen anzupassen, wird ebenfalls durch das BMF hervorgehoben – und vom VeR ausdrücklich unterstützt. 

Mehr Klarheit bei Fragen der Übermittlung und Archivierung 

Die im Schreiben ebenfalls betonte Anforderung, dass der strukturierte Teil einer E-Rechnung in seiner ursprünglichen Form aufbewahrt und die Unveränderbarkeit sichergestellt werden müsse, soll insbesondere die maschinelle Auswertbarkeit durch die Finanzverwaltung gewährleisten. 

Hinsichtlich der Übermittlung von E-Rechnungen unterstützt der VeR die pragmatische Lösung des BMF, wonach ein E-Mail-Postfach – zumindest zur Einführung – als ausreichende Empfangsbereitschaft gilt. Weitere elektronische Übermittlungswege wie elektronische Schnittstellen oder Kundenportale bieten jedoch aus Sicht des BMF zusätzliche Flexibilität.  

„Wie erwartet hat das BMF zudem die Möglichkeit zur Beteiligung externer Dienstleister, so genannter E-Service-Provider, zur Übermittlung von elektronischen Rechnungen explizit in den neuen Entwurf aufgenommen. Ein klares Statement, das noch einmal die Bedeutung der Service-Provider für einen besonders effizienten, reibungslosen und sicheren elektronischen Rechnungsaustausch zwischen Unternehmen unterstreicht“, betont VeR-Vorstandsvorsitzender Ivo Moszynski. 

Auch an konkrete Regelungen zur Rechnungskorrektur und zu Gutschriften, die die verpflichtende Verwendung von E-Rechnungen betreffen, hat das Bundesministerium der Finanzen in seinem Entwurf klar und praxisnah formuliert. So soll die Berichtigung von E-Rechnungen künftig zwingend in der vorgeschriebenen Form erfolgen, um die Ordnungsmäßigkeit und den Vorsteuerabzug sicherzustellen. Zudem kann die Weigerung eines Rechnungsempfängers, eine E-Rechnung anzunehmen, keine Ansprüche auf alternative Rechnungszustellungen begründen.  

Weitere Ausführungen finden sich zum Vorsteuerabzug. Hier sieht der BMF-Entwurf vor, dass im Falle der Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung, eine sonstige Rechnung nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen soll. Gerade diese Vorschrift dürfte im Fortgang der Verbandsanhörungen für Diskussionsstoff sorgen, geht damit doch die Frage einher, an welche Vorgaben genau der Vorsteuerabzug geknüpft ist und ob das mit den restriktiven Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH vereinbar ist. 

Der VeR wird den weiteren Prozess der Verbändeanhörung aktiv begleiten und steht zusammen mit anderen Verbänden in engem Austausch mit dem BMF, um sicherzustellen, dass die Interessen der deutschen Unternehmen und seiner Mitglieder weiterhin gehört und berücksichtigt werden. Mit der finalen Veröffentlichung des BMF-Schreibens ist voraussichtlich im vierten Quartal 2024 zu rechnen. 

Über den Verband elektronische Rechnung (VeR)

Der 2009 gegründete Verband elektronische Rechnung (VeR) mit Sitz in München vertritt die Interessen von Dienstleistern im Bereich der elektronischen Rechnungs- und Dokumentenverarbeitung und diesen nahestehenden Unternehmen. Der Verband versteht sich damit als Sprachrohr der gesamten E-Invoicing-Wirtschaft. Im Auftrag seiner knapp 70 Mitglieder verfolgt der VeR das Ziel, E-Invoicing als Standard zu etablieren, sodass Unternehmen aller Größen einfach und sicher am elektronischen Rechnungsaustausch teilnehmen können.

Pressekontakt

Björn Berensmann, Pressestelle
Tel: +49 (0)89 95 45 754 51
Fax: +49 (0)89 95 45 754 69
E-Mail: presse@verband-e-rechnung.org

Verband elektronische Rechnung (VeR)
Schackstr. 2
80539 München


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