Verband elektronische Rechnung Der Expertenverband der deutschen E-Invoicing Branche

Blogserie "Digitalisierung des Rechnungsverkehrs" |Teil 4

E-Invoicing in der EU – Italien als europäischer Pionier

Der Pionier beim E-Rechnungsverkehr ist unumstritten Italien. Ein offenkundiges Ziel der Einführung einer obligatorischen E-Rechnungsstellung war die Eindämmung des drastisch hohen Umsatzsteuerbetrugs im Land. Und daraus resultierend wollte man so die Steuereinnahmen signifikant steigern. Die Resonanz aus Italien nach über vier Jahren seit Einführung des Konzepts ist überwiegend positiv. In den Jahren 2019 und 2020 konnten über eine behördliche Plattform jeweils über zwei Milliarden E-Rechnungen geleitet werden. Die Unterstützung des Modells wurde deshalb von der Europäischen Kommission um drei weitere Jahre verlängert sowie eine Vergrößerung des subjektiven Anwendungsbereiches vereinbart. 

Kampf dem Steuerbetrug

Die Implementierung der verpflichtenden E- Rechnung war ein erster essenzieller Schritt für die italienischen Finanzbehörden zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Nicht nur auf dem Gebiet der Mehrwert- bzw. Umsatzsteuer wurde in den letzten vier Jahren die Hinterziehungsrate deutlich gesenkt. Auch im Bereich weiterer gewichtigen Steuerarten hat sich die systematische Hinterziehung vermindert. Dabei ist wichtig, zu anderen Ländern wie beispielsweise Deutschland oder Frankreich abzugrenzen. Die Verwaltungs- und Kontrollstrukturen dieser Länder sind völlig anders aufgebaut als in Italien. Dennoch dient Italien durch seine Vorreiterrolle als wichtiger Impulsgeber und Blaupause für andere europäische Länder aufgrund valider Erfahrungswerte. 


Blick über die Alpen: Meldepflichten des E-Rechnungsverkehrs

Die Verpflichtung zu E-Rechnungen gilt in Italien für Steuerbehörden, nationale Sicherheitsbehörden und Ministerien übrigens bereits seit Mitte des Jahres 2014. Für öffentlichen Einrichtungen gilt das Gesetz seit Ende März 2015. In Italien ansässige Unternehmen wiederum müssen seit Beginn 2019 rechnungspflichtige B2B-Geschäftsvorgänge in elektronischer Form bereitstellen – und dies im einheitlichen XML-Format FatturaPA. Dieser Prozess erfolgt über die Plattform Sistema di Interscambio (SdI) der Finanzbehörde mittels des Clearance-Verfahrens. Dabei werden E-Rechnungen vor der Übermittlung an den Empfänger über einen zentralen Validierungsserver geroutet. In Italien erfolgt die Übermittlung, anders als etwa im geplanten französischen Modell, zentral an die nationale Steuerbehörde. Dabei hat der Empfänger der Rechnung eine Zeitspanne von 15 Tagen, innerhalb der er der Rechnung widersprechen kann. Erfolgt keine Zurückweisung, gilt die Rechnung als akzeptiert. 

Übrigens: Der italienische XML-Standard FatturaPA basiert nicht auf der EU-Norm EN 16931. Deshalb existiert in Italien zusätzlich die Core Invoice Usage Specification (CIUS-IT), die eine Umsetzung der EU-Norm abbildet und mit dem italienischen SdI kompatibel ist.


Umbruch und Aufruf zur Digitalisierung

Durch die Einführung der E-Rechnung erfolgte in Italien ein Umgestaltungsanreiz digitaler Prozesse auf Unternehmensseite. Dazu wurden die Potenziale der Digitalisierung durch die E-Rechnung und E- Meldesysteme aufgezeigt. Argumentativ bediente man sich der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Effizienz, was letztendlich vermehrt Investitionen zur Folge hatte. Diese Weiterentwicklung bei den Unternehmen sowie die Weiterführung und Verbesserung dieses Wandels werden die italienischen Finanzbehörden in den kommenden Jahren vor neue Herausforderungen stellen.

Damit einher gehen beispielsweise die Verarbeitung all der nun gewonnenen Daten und deren sinnvolle Nutzung zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs. Außerdem wird damit an das Pflichtbewusstsein der privatwirtschaftlichen Seite zur Befolgung der Mehrwertsteuer-Vorschriften appelliert mit der Aufforderung, diese zu fördern.

Übrigens: Die zentrale italienische Clearance-Lösung scheint vom französischen System abgelöst zu werden, auch wenn sich dieses Modell auf der Grundlage des italienischen Modells entwickelt hat.

Trotzdem eröffnet das italienische Modell wichtige Optimierungspotenziale, etwa bei der Entwicklung einer zukünftigen deutschen B2B-Lösung. Gleichzeitig gilt jedoch auch: Für Italien würde die Transformation vom etablierten V-Modell auf ein Y-Modell enormen Aufwand bedeuten und zusätzliche Kosten verursachen.

Dieser Beitrag wurde noch im Jahr 2023 verfasst, weshalb wir zu aktuellen Entwicklungen in Italien auf die Website der Europäischen Kommission verweisen möchten.


Vorschau: Der nächste Beitrag in dieser Serie beleuchtet die Entwicklung des E-Invoicings in Polen. Der östliche EU-Mitgliedsstaat nutzt die Extensible Markup Language (XML) zur Definition von Datenformaten und setzt zusätzlich auf den Standard Audit File - Tax (SAF-T) als Spezifikation für computerlesbare Dateien. Was kompliziert klingt, schafft enorme Vorteile.

Hinweis: An dieser Blogserie hat der Münchner Steuerassistent Niklas Friedrich inhaltlich mitgewirkt. Er hat seine Masterarbeit über die „Digitalisierung des Rechnungsverkehrs“ geschrieben und engagiert sich im Verband elektronische Rechnung (VeR).

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