Verband elektronische Rechnung Der Expertenverband der deutschen E-Invoicing Branche

E-Rechnungen brauchen modernes Input Management

Wenn alle Rechnungen in Zukunft digital ins Unternehmen gelangen, könnte mancher Entscheidungsträger auf den Gedanken kommen, sein Unternehmen brauche keine leistungsstarke Lösung für das Input Management bei Eingangsrechnungen mehr. Ein Irrglaube.

Der elektronische Rechnungsaustausch zwischen Unternehmen, öffentlichen Stellen und sonstigen Organisationen nimmt in Deutschland und auch international zu. Daraus resultieren neue Anforderungen an die Verarbeitung von Eingangsrechnungen. In diesem Artikel wird diskutiert, warum E-Rechnungen eine neue Generation von Input-Management-Lösungen erfordern und Unternehmen deshalb jetzt in modernes Input Management investieren sollten.

Die Vorteile digitaler Rechnungen liegen auf der Hand: Die Erstellung und Verarbeitung werden einfacher und schneller. Unternehmen sparen Kosten für Porto und Handling und schonen die Umwelt, weil weniger Papier verbraucht wird und Transportwege wegfallen. „E-Rechnung“ ist ein Sammelbegriff für standardisierte Formate, die die eigentlichen Rechnungsdaten in strukturierter – also maschinenlesbarer – Form mitliefern. Bei ZUGFeRD-Format begleiten die strukturierten Daten den entsprechenden Beleg, beim XRechnung und EDI-Standard entfällt der Beleg vollständig. Der Versand erfolgt häufig per E-Mail, allerdings gibt es auch andere Transportmechanismen wie beispielsweise X.400 oder Peppol.

Paper ain’t dead

In Deutschland erstellen einer bitkom-Umfrage zufolge rund 4 von 10 Unternehmen E-Rechnungen – mit deutlich wachsender Tendenz. Doch auch wenn die Nutzung von E-Rechnungen deutlich zunimmt: Papier und unstrukturierte PDF-Dateien sind nicht weg – so sehr man es sich auch wünschen mag. Weder im nationalen noch im internationalem Rechnungseingang werden sie so bald nicht vollständig verschwinden. Beispielsweise erreichen das Chemieunternehmen BASF pro Jahr noch immer rund 3,5 Millionen Rechnungen auf Papier oder als unstrukturiertes PDF, obwohl das Unternehmen das EDI-Format vorzieht. Selbst im optimistischsten Szenario bleibt es mehr als fraglich, ob jemals alle Belege als E-Rechnung vorliegen werden. Ganz sicher können Unternehmen für das aktuelle Jahrzehnt davon ausgehen, sowohl E-Rechnungen als auch traditionelle Belege verarbeiten zu müssen.

Eine Flut an konkurrierenden E-Rechnungs-Formaten

E-Rechnung ist leider nicht gleich E-Rechnung. Schon in Deutschland gibt es neben EDI mehrere konkurrierende Formate wie XRechnung und ZUGFeRD. Für die Schweiz kommen unter anderem der QR-Code, für Spanien Facturae und für Frankreich Factur-X als Formate hinzu. Zudem gibt es eine unübersehbare Vielfalt an länderspezifischen Regelungen. Eine internationale Standardisierung oder gar Konsolidierung wird zwar angestrebt, ist derzeit aber nicht wirklich absehbar.

Jedes Format schafft sich aktuell eine eigene Nutzergemeinde, die nach einem Invest nur schwerlich zum Wechsel zu bewegen sein wird. Daher müssen Unternehmen neben der Konfrontation mit Papier, PDF und E-Rechnung zusätzlich mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Formaten für E-Rechnung fertig werden. Das gilt um so mehr, wenn Aufgaben im Purchase-to-Pay-Prozess länderübergreifend in Shared-Service-Centern zusammengefasst werden.

Automatisierte Plausibilisierung schafft Effizienz und Sicherheit

In der Eingangsrechnungsverarbeitung ist die Beleglesung zur Erzeugung strukturierter Daten nur ein erster Schritt. Liegen die Daten strukturiert vor, müssen sie formal und inhaltlich plausibilisiert und validiert werden. Zunächst sollte die Rechnung bereits beim Eingang auf formale Richtigkeit geprüft und im Fehlerfall zurückgewiesen werden. Zur formalen Richtigkeit gehören beispielsweise vollständige und korrekte Anschriften, Datumsangaben und Umsatzsteuer-ID sowie die Nutzung der richtigen Steuersätze. Neben diesen formalen Kriterien sollten die Berechnungen geprüft werden: Sind Summen und Steuerberechnungen korrekt? Bei E-Rechnungen kommt eine weitere Prüfung hinzu: Stimmen die strukturierten Daten mit den Daten auf dem Beleg überein?

Das Regelwerk zur Plausibilitätsprüfung ist dabei durchaus komplex. Moderne Lösungen zur Eingangsrechnungsverarbeitung wie smart INVOICE prüfen bis zu einhundert Kriterien auf Korrektheit. Durch die Automatisierung dieser Prüfungen erreichen Unternehmen nicht nur mehr Effizienz, sondern schaffen auch mehr Sicherheit, weil nur formal korrekte und plausible Rechnungen angenommen werden.

Anreichern für inhaltliche Prüfung

Ist die Rechnung formal akzeptiert, erfolgt die inhaltliche Prüfung und Freigabe. Hier bieten E-Rechnungen keinen Vorteil ggü. anderen Formen. Fehlt beispielsweise ein Bestellbezug, fehlt er auch in den E-Rechnungsdaten. Zukunftsweisende Lösungen zur Eingangsrechnungsverarbeitung können eine Eingangsrechnung um verschiedene Informationen aus Drittsystemen anreichern und auch einen Abgleich zwischen Bestellung, Lieferschein und Rechnung ermöglichen. Im besten Fall passiert das automatisiert ohne menschliches Zutun in der sogenannten Dunkelverarbeitung. Bestehen Zweifel, können Rechnungsbelege angereichert um Bestell- und Lieferinformationen für eine manuelle Prüfung präsentiert werden. Bei rein strukturierten E-Rechnungen wie XRechnung und EDI können die relevanten Rechnungsinformationen dem Nutzer auch als virtueller Beleg anzeigt werden, um die Bearbeitung zu vereinfachen.

Same same but different

Kaufmännische Transaktionen erzeugen eine Vielzahl von teilweise sehr ähnlichen Belegen: Bestellungen, Auftragsbestätigungen, Lieferscheine, Rechnungen, aber auch begleitende Belege wie Materialprüfungsbescheinigungen. Im Gegensatz zu EDI decken die gebräuchlichen Formate XRechnung und ZUGFeRD leider nur Rechnungen ab. Alle anderen Belegtypen müssen nach wie vor traditionell verarbeitet werden. Doch was nützt die schönste E-Rechnung, wenn der zugehörige Lieferschein nur schnöde als Papier daherkommt? Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen in eine moderne Lösung zum Input Management investieren, die die gesamte Bandbreite an Eingangsbelegen klassifizieren, auslesen, prüfen und zur Weiterverarbeitung bereitstellen kann.

E-Rechnungen und zukunftsweisende Input-Management-Lösungen gehören zusammen

In Summe betrachtet, sprechen alle diese Gründe dafür, die zunehmende Verbreitung von E-Rechnungen als Auslöser für eine Modernisierung des Input Managements insgesamt zu nutzen. Durch E-Rechnungen verlagert sich der Nutzen des Input Managements verstärkt weg von der reinen Digitalisierung und Beleglesung hin zu mehr wertschöpfenden Funktionen wie Plausibilisierung, inhaltliche Prüfung und potenziell der Dunkelverarbeitung. Das ist zu begrüßen, weil hier hohe Automatisierungs- und damit Einsparungspotentiale liegen.

Das oben genannte Beispiel-Unternehmen BASF konnte durch die weltweite Einführung einer cloud-basierten Lösung zur KI-basierten Eingangsrechnungsverarbeitung die Laufzeiten für Rechnungen um rund die Hälfte senken und einen manuellen Aufwand von 40 FTE einsparen. Es lohnt sich also!


Über die Autorin

Claudia Felten ist Partner Sales Managerin bei der Insiders Technologies GmbH und Expertin für KI-basierte Prozessautomatisierung und intelligente Dokumentenverarbeitung. Sie engagiert sich zudem im Verband elektronische Rechnung (VeR).

E-Mail: c.felten@insiders-technologies.de

Über Insiders Technologies

Insiders Technologies ist technologisch führender und marktetablierter Anbieter von Software zur Cognitive Process Automation. Mehr als 3.000 Kunden aus allen Branchen vertrauen bei der Optimierung ihrer dokumentzentrierten Geschäftsprozesse auf die innovativen Lösungen des Produkthauses aus Kaiserslautern. Als erfolgreichstes Spin-Off des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) hat es sich Insiders zur Aufgabe gemacht, modernste KI in echten Kundennutzen zu überführen. Dank neuester Deep Learning-Technologien verstehen die Software-Lösungen heterogene Inhalte, extrahieren geschäftsrelevante Informationen, automatisieren Transaktionen und verkürzen Reaktionszeiten. Dabei sind der technologische Pioniergeist und die Agilität ein Garant für kontinuierliche Innovationen und Produkte am Puls der Zeit.

Weitere Informationen: www.insiders-technologies.de


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Clearance-Modell auf dem Vormarsch

Der elektronische Rechnungsaustausch wird in immer weiteren Ländern zur Verpflichtung. Die Art und Weise der Einführung unterscheidet sich allerdings von Land zu Land. So können sich zum einen der Zeitplan sowie die Umsetzungphasen unterscheiden, zum anderen spielt aber auch die Wahl des angestrebten Modells eine Rolle: Post-Audit- oder Clearance-Modell?

Nun strebt das Europäische Parlament eine Vereinheitlichung des Systems an. Die entsprechende Empfehlung in Bezug auf die elektronische Rechnungsstellung fordert von der Europäischen Kommission die Umsetzung folgender Punkte:

  • Zur Reduktion der Kosten für die unterschiedlichen Systeme der Mitgliedsstaaten ist innerhalb des Jahres 2022 schnellstmöglich ein harmonisierter, gemeinsamer Standard für die elektronische Rechnungsstellung zu schaffen.
  • Die Rolle der elektronischen Rechnungsstellung bei der Berichterstattung in Echtzeit ist zu definieren.
  • Die Möglichkeit der schrittweisen Einführung einer Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung innerhalb der Union bis 2023 ist zu prüfen. Im Fokus hierbei soll die deutliche Reduktion der Kosten für die Einhaltung der Vorschriften, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, sein. Zudem ist zu beachten, dass die Ausstellung von Rechnungen ausschließlich über vom Staat betriebene / zertifizierte Systeme, welche vollständigen Datenschutz garantieren, erfolgen soll.
  • Die Möglichkeit, dass das System (teilweise) Daten / Dokumente zur Einhaltung der Steuervorschriften für berechtigte Steuerzahler sicherstellt, einsschließlich der Verantwortung für die Einhaltung (von Teilen) der Erklärung, ist im Besonderen hinsichtlich der Verringerung der Befolgungskosten sowie des Risikos für kleine und mittelständige Unternehmen zu prüfen.

Die Empfehlung inklusive der kurzen Fristen macht deutlich, dass die Umsetzung des Clearance-Modells nicht nur unumgänglich erscheint, sondern auch auf europäischer Ebene immer mehr beschleunigt wird.

Mehr dazu, wie das Post-Audit-Modell und das Clearance-Modell funktionieren, wie sie sich unterscheiden und was Sie in Bezug auf die Umsetzung des Clearance-Modells erwartet, erfahren Sie hier.